Quinoa aus dem Rheinland – Local Exotics aus der Nähe von Köln
(Foto: Maja Nett)
„Wenn ich es nicht wüsste, hätte ich es für Unkraut gehalten“ denke ich, als ich an diesem sommerlichen Nachmittag mitten in einem trockenen Feld stehe und mir die struppigen Pflanzen um die Beine streichen. So sieht also Quinoa aus. Und ich bin gerade nicht etwa als Rucksack-Touristin in den südamerikanischen Anden unterwegs, sondern stehe vor den Toren Kölns. Zwischen Weizen, Ackerbohnen und langen Reihen von Erdbeeren liegt dieses unscheinbare Feld mit den krautigen Pflanzen, die ich vorher auch noch nie aus der Nähe gesehen habe.
Meine Kollegin Bella und ich sind heute nach Pulheim gefahren, in den Speckgürtel von Köln. Hier werden auf den rheinischen Böden vor allem Kartoffeln und Rüben angebaut und jetzt eben auch das Gold der Anden – Quinoa.
Bella und Johannes im Quinoa-Feld
(Foto:Maja Nett)
Wir treffen Thomas und Johannes Decker, die hinter „kinoa“ stecken, dem „Gold des Rheinlands“. Die Schreibweise lehnt sich an die „Stadt met K“ an, Köln. Hier im Kölner Umland baut Thomas das Pseudogetreide an, das ursprünglich aus Südamerika stammt. Thomas betreibt den elterlichen Bauernhof – ein wunderschönes Gut, das schon seit 200 Jahren im Familienbesitz ist. Ein klassischer Landwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau: von der Ackerbohne über die Zuckerrübe bis hin zu Weizen und Kartoffeln. Wie kommt man dann ausgerechnet auf einen solchen Exoten wie Quinoa?
„Die Geschichte dahinter ist eigentlich ziemlich simpel“ erklärt Johannes lachend. Er ist zusammen mit seinem Bruder Thomas und dessen Frau Verena Mitbegründer der Feldhelden Rheinland. Ursprünglich hat Johannes für ein Kölner Start-Up gearbeitet, bevor er auf die Idee kam, zusammen mit seinem Bruder lokales Superfood anzubauen. Gemeinsam machten sie sich Gedanken darüber welche Lebensmittel regional und nachhaltig angebaut werden können, wenn es darum geht den Fleischkonsum zu reduzieren. Am Ende fiel die Wahl auf Quinoa. Quinoa ist eigentlich ein Fuchsschwanzgewächs aus der Gattung der Gänsefüße, man bezeichnet es deswegen auch als Scheingetreide oder Pseudogetreide. Die kleinen hellen Körner sind vor allem reich an Eiweiß – und damit eine prima Alternative zu Fleisch.
Die Deckers verfolgten schon länger den Hype rund um sogenannte Superfoods. Doch gerade die hohe Nachfrage nach Quinoa aus Südamerika brachte einige negative Aspekte mit sich. So führten die gigantischen Exportmengen dazu, dass die Preise für das Produkt so stark anstiegen, dass die einheimische Bevölkerung sich ihr Hauptnahrungsmittel schlicht nicht mehr leisten konnte. Leider wie so häufig eine fragwürdige Entwicklung. Dazu kommt, dass Quinoa eben klassischerweise auf 3.500 bis 4.000 Metern Höhe in den Anden angebaut wird. Lange Transportwege tragen auch nicht gerade zu einer guten CO2-Bilanz bei. Geboren war die Idee für „Local Exotics“ – Exoten aus regionalem Anbau.
Quinoa-Pflanzen auf dem Feld
(Foto: Maja Nett)
Thomas, der als studierter Agrarwissenschaftler die 250 ha Fläche der Familie bewirtschaftet, legt großen Wert auf eine nachhaltige Fruchtfolge und die Gesundhaltung der Böden. Dazu gehört genau zu planen, wann welche Pflanze auf welchem Boden steht – das ist wichtig für die optimale Nährstoffversorgung der angebauten Kulturen. Quinoa kam so als Ergänzung zum klassischen Ackerbau dazu. Die Kulturpflanze ist äußerst robust und widerstandsfähig und kommt auch gut mit eher schwierigen Böden zurecht. Hitze und Trockenheit machen ihr genauso wenig zu schaffen wie Regenfälle.
Doch ist Quinoa aus dem Rheinland genau wie die Pflanze aus den Anden? „Nein,“ erklärt Thomas, „das würde nicht so ohne Weiteres funktionieren“. Sowohl die Höhe als auch die Böden im Rheinland weichen dann doch deutlich von denen im südamerikanischen Hochland ab. So greift er auf ein Saatgut zurück, das aus den Niederlanden stammt und dort an der Universität Wageningen gezüchtet wurde. Damit passt es perfekt zu den hiesigen Bedingungen. Und doch ist es ein stetiger Prozess. Die vergleichsweise junge Züchtung verhält sich ganz anders als zum Beispiel ein über die Zeit hochgezüchteter Weizen. Hier weiß Thomas genau wann er ihn wie genau aussäen muss und wann das Korn dann reif für die Ernte ist. Beim Anbau von Quinoa ist alles ein Lernprozess und so testet Thomas seit 2019 den Anbau auf seinen Feldern. Dabei kommen keine Pflanzenschutzmittel zum Einsatz – im ersten Jahr hat er das Unkraut noch von Hand mit der Harke gezupft. Normalerweise erreicht die Pflanze eine Wuchshöhe von etwa 1,50 – 2 Metern. In diesem Jahr ist das Feld jedoch etwas niedriger geblieben. Das nimmt Thomas als Learning für das nächste Jahr mit, etwas mehr zu düngen, wenn Quinoa auf einem eher sandigen, nährstoffarmen Boden steht. Erntezeit ist ungefähr Anfang bis Mitte September, doch auch das kontrolliert Thomas immer wieder von Hand. Dazu löst er einige Körner aus den Dolden und prüft den Reifegrad. Wenn die Dolden sich goldbraun färben, ist das ein Zeichen für Reife. Und im Gegensatz zum klassischen Weizen, bei dem ein Feld komplett gleichzeitig reif ist und abgeerntet wird, orientiert sich Thomas bei Quinoa an etwa 70 Prozent reifen Pflanzen. Dann kann er mit der Ernte starten.
Quinoa aus der Nähe von Köln
(Foto: Maja Nett)
Ansonsten sind die Unterschiede im Anbau selbst gar nicht so groß: Ausgesät wird mit der klassischen Getreidesämaschine und geerntet wird mit dem Mähdrescher. Erst bei der Weiterverarbeitung unterscheiden sich die Schritte wieder: Quinoa enthält gut doppelt so viel Wasser wie Weizen nach der Ernte und trocknet entsprechend etwas anders. Nach dem Trocknungsprozess in Silos werden die Körnchen gesiebt und gereinigt, dann verpackt. Die Deckers beliefern vor allem die Gastronomie und Caterer in der Region rund um Köln. Aber auch die Vermarktung direkt in unsere Küchen kommt immer mehr auf: Über lokale Hofläden, Supermärkte und Onlineshops landet das Gold aus dem Rheinland direkt in unseren Pfannen und Töpfen.
kinoa aus dem Rheinland ist ein nachhaltig produziertes Lebensmittel mit kurzen Transportwegen und sehr guter CO2-Bilanz. Dazu handelt es sich um ein Vollkornprodukt, das voller hochwertiger Mineralstoffe und Vitamine steckt. Grundsätzlich ist Quinoa auch glutenfrei, bei der Verarbeitung kann es aber mit glutenhaltigem Getreide in Berührung kommen. Die kinoa-Züchtung enthält keine Bitterstoffe und muss vor der Verarbeitung nicht aufwendig gewaschen werden. Die Zubereitung ist denkbar einfach, ähnlich wie man sie auch von Couscous oder Bulgur kennt: In der doppelten Menge Wasser 15-20 Minuten köcheln lassen und anschließend noch 10 Minuten ausquellen lassen. Schon kann man süße und herzhafte Gerichte damit zubereiten. Verena hat auch schon eine Reihe von Rezepten entwickelt, die sich auf der Website finden: Vom veganen Bananenbrot bis hin zu Frikadellen – das Gold aus dem Rheinland ist ein wahrer Tausendsassa in der Küche und dank des mild-nussigen Geschmacks vielseitig einsetzbar.
Gibt es vielleicht auch bei euch in der Nähe „Local Exotics“? Oder sogar regionale Quinoa? 2019 gab es insgesamt rund 60 Landwirte in Deutschland, die Quinoa angebaut haben. Was würdet ihr euch sonst vielleicht noch nachhaltig und aus regionalem Anbau wünschen?
Oder kennt ihr Quinoa vielleicht noch gar nicht und wollt die vielseitigen Körnchen mal ausprobieren? Bei uns findet ihr dazu natürlich auch leckere Rezepte:
